Gruppo Femminile Calcistico

Gruppo Calcitrici Milanesi
Gruppo Femminile Calcistico

Die Gruppo Femminile Calcistico (GFC), auch unter dem Namen Gruppo Calciatrici Milanesi bekannt, war die erste organisierte Frauenfußballmannschaft Italiens. Gegründet Ende 1932 in Mailand, war der Verein weit mehr als ein Sportclub – er war ein verspielter Akt des Widerstands gegen autoritäre Normen, ein mutiger Schritt junger Frauen, die mit dem Ball am Fuß für Sichtbarkeit, Gleichberechtigung und Selbstbestimmung eintraten.

Die Initiative ging von Giovanna Boccalini, gemeinsam mit ihren Schwestern Luisa, Rosetta und Marta sowie weiteren fußballbegeisterten Mädchen im Alter zwischen 14 und 20 Jahren. Im Sommer 1932 spielten sie während eines Urlaubs in Castiglioncello erstmals aus Spaß gemeinsam Fußball. Zurück in Mailand gründeten sie offiziell den GFC – und beantragten bei den faschistischen Behörden eine Zulassung als Sportverein. Diese wurde ihnen zwar erteilt, jedoch unter strengen Auflagen: Spiele durften nur unter Ausschluss der Öffentlichkeit und hinter verschlossenen Zäunen stattfinden. Zudem wurden die Spielerinnen gezwungen, ein ärztliches Attest vom Istituto di Biotipologia e Orto­genesi in Genua einzuholen – einer Einrichtung, die im Sinne der governing bodies an einer vermeintlich idealen Form des neuen italienischen Menschen arbeitete.

Der Leiter des Instituts urteilte in seinem Gutachten:

„Ich bin der Meinung, dass aus medizinischer Sicht weder die ästhetische Linie des Körpers noch die Statik der weiblichen Bauchorgane – insbesondere der Geschlechtsorgane – durch ein rationalisiertes, nicht auf Meisterschaft ausgerichtetes Fußballspiel geschädigt werden kann. Übermäßige Muskelanstrengung ist zwar schädlich für den weiblichen Organismus, doch in Maßen und aus reinem Vergnügen darf Fußball gespielt werden – freilich nur zwischen dem 15. und 20. Lebensjahr.“

Satire
Satirische Cartoons, in „ Il Calcio illustrato “ und in „Il Guerin Meschino“

Die Reaktionen in der Presse reichten von Spott bis offener Ablehnung. Während wenige Sportzeitschriften wie Calcio Illustrato wohlwollend berichteten, sahen andere Medien die Spielerinnen als Kuriosität oder sprachen ihnen Weiblichkeit ab. Trotz wachsender Eigeninitiative und des Interesses an Spielen wurde die Gruppo Femminile Calcistico im Herbst 1933 durch eine neue Richtlinie verboten. Die faschistische Ideologie, die Frauen ausschließlich in ihrer Rolle als Mütter und Ehefrauen sah, erklärte den Frauenfußball für unvereinbar mit dem offiziellen Frauenbild. Damit endete abrupt die erste Phase des organisierten Frauenfußballs in Italien.

Die Aktivitäten der Gruppo Femminile Calcistico waren in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert: Die Frauen der Gruppo Femminile Calcistico nahmen sich den öffentlichen Raum, traten in einem männlichen Sport selbstbewusst als Mannschaft auf und widersetzten sich der vorherrschenden Ordnung. Die Gründung der Gruppo Femminile Calcistico war daher nicht nur ein sportlicher, sondern ein zutiefst politischer und feministischer Akt. Es brauchte eine große Portion Leichtsinn, Mut und Freiheitsliebe, um das zu tun, was in jener Zeit undenkbar schien. Eine Geschichte, die lehrt, was es heißt, frei sein zu wollen. Die Frauen der Gruppo Femminile Calcistico sind deshalb nicht nur Pionierinnen des Frauenfußballs in Italien, sondern wahre Heldinnen einer verspielten Freiheit.

Gruppo
Spielszene in llustrazione Gran Sport

Quellen / Weiterführende Links

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