Walther Bensemann

Bensemann
Walter Bensemann mit Ball

Walther Bensemann (* 13. Januar 1873 in Berlin; † 12. November 1934 in Montreux, Schweiz) war einer der wichtigsten Pioniere des Fußballs in der Weimarer Republik.

Er war ab 1889 Mitbegründer von mehreren Fußballvereinen im Süden des Deutschen Kaiserreichs, organisierte im Dezember 1898 die ersten internationalen Begegnungen deutscher Auswahlmannschaften, die sogenannten „Ur-Länderspiele“, war im Jahr 1900 als Vertreter mehrerer Klubs an der Gründung des Deutschen Fußball-Bunds (DFB) beteiligt und gründete 1920 das erste deutsche Fußballmagazin Kicker . Bensemann, von jüdischer Abstammung, emigrierte nach Errichtung der Nazidiktatur in Deutschland Ende März 1933 in die Schweiz. Dort starb er im Jahr darauf.

Bensemann war als Schüler in der Schweiz mit der auf dem europäischen Festland noch vergleichsweise unbekannten und im Deutschen Reich als „englische Modetorheit“ und „Fußlümmelei“ verpönten und verspotteten Sportart in Kontakt gekommen und begann im letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts eine Missionsarbeit, die den Fußball als eine pazifistische Idee und als Mittel zur Völkerverständigung sah. Als 14-Jähriger, im Jahr 1887, gründete er gemeinsam mit Mitschülern einen Fußballverein, den Footballclub Montreux.

Auch in Karlsruhe begeisterte Bensemann seine Mitschüler für den in Deutschland noch nahezu unbekannten Fußball. Über die dortige sportliche Situation schrieb Bensemann später am 21. September 1929 in einem Artikel in der Badischen Presse: „Vor 40 Jahren war der Rasensport in Karlsruhe noch etwas Unbekanntes. Es gab weder Fußball noch Hockey noch Leichtathletik. Der einzige Sport, der um diese Zeit betrieben wurde, war das Schwimmen in Maxau oder der Militärschwimmschule.“ Noch im September 1889 gründete er den International Football Club (IFC), den ersten Verein in Süddeutschland, der nach „Association“-Regeln spielte. Bensemann erinnerte sich später an diese Gründung:

„Im September 1889 ließ ich aus der Schweiz einen Fußball kommen; der Ball wurde morgens vor der Schule aufgeblasen und in der 10-Uhr-Pause musste bereits ein Fenster des Gymnasiums daran glauben. […] Direktor Wendt schickte uns auf den kleinen Exerzierplatz, Engländerplatz genannt. Hier hatten zwei Jahre zuvor einige Engländer sowie Gymnasiasten Rugby gespielt. Wenige Tage nach der Übersiedlung gründeten wir den 'Karlsruher Footballclub', der zuerst nur aus Pennälern bestand, dem aber in Kürze etwa 15 bis 20 Engländer beitraten.“

Bensemann war in dieser Zeit an weiteren Gründungen von Fußballvereinen beteiligt, unter anderem in Baden-Baden, Frankfurt, Freiburg, Gießen, Heidelberg, Mannheim, Marburg, München und Saarburg. Die aus heutiger Sicht prominentesten Gründungen, an denen er maßgeblich beteiligt war, waren die der Frankfurter Kickers (1899 oder 1900), einer der Vorläufervereine von Eintracht Frankfurt, sowie der Fußballabteilung des MTV München (1897 oder 1898), aus der der FC Bayern München hervorging. Die beiden letztgenannten Fälle erwähnte Bensemann selbst nie ausdrücklich, er war offenbar bestrebt, die Vereinsgründungen zwar anzuschieben, die Organisation derselben aber den Aktiven vor Ort zu überlassen. Sein Wirken in Frankfurt etwa schildert der Journalist Ulrich Matheja folgendermaßen:

„Weitere Impulse erhielt der Frankfurter Fußball durch Walther Bensemann, der auf seinen zahlreichen Reisen den Fußball schon in anderen süddeutschen Städten eingebürgert hatte. Bensemann […] hatte schon 1896 mit Schülern der Klinger- und Adlerflychtschule auf der ‚Hundswiese‘ gekickt. Bei seinem zweiten Aufenthalt in Frankfurt 1899 sah man ihn immer häufiger auf der ‚Hundswiese‘. Wie bereits in Karlsruhe und Straßburg scheute der nicht unvermögende Bensemann auch in Frankfurt weder Kosten noch Mühe, um seine Schützlinge mit allen notwendigen Fußballutensilien auszustatten. Das schicke Equipment erwies sich als wirksames Mittel der Mitgliederwerbung: Bald sah man immer mehr junge Leute in den weißen Blusen mit rotem Adler und schwarzen Hosen der ‚Frankfurter Kickers‘.“

Karlsruher Kickers
Bensemann und die Karlsruher Kickers

Bensemann sah im Fußball den Gedanken von Fair Play und Toleranz verwirklicht und betrachtete ihn als ein Mittel zur Völkerverständigung. Daher organisierte er zeitlebens Spiele zwischen Vereins- und Auswahlmannschaften aus verschiedenen Ländern. Ein Höhepunkt in diesen Bemühungen war die Organisation der fünf sogenannten Ur-Länderspiele. Diese Spiele deutscher Auswahlmannschaften, die, da sie nicht von anerkannten nationalen Verbänden veranstaltet wurden, nicht in der offiziellen Statistik des DFB geführt werden, fanden zwischen 1899 und 1901 gegen französische und englische Teams statt.

Bensemann entschloss sich 1919 eine eigene Zeitschrift zu gründen.Die erste Ausgabe der Fußballfachzeitschrift Kicker erschien schließlich am 14. Juli 1920 und umfasste 20 Seiten. Bensemann zählte zwar neben Ernst Werner, dem Chef der Fußballwoche und dem Wiener Willy Meisl, Sportchef der Berliner Vossischen Zeitung, zu den berühmtesten Autoren, doch die Auflage des Kicker blieb zu seiner Zeit als Herausgeber stets hinter der des Münchner Konkurrenzblattes Fußball: im Jahr 1933 lag das Verhältnis bei 20.000 zu 30.000 Exemplaren. Erst nachdem sich Bensemanns Nachfolger inhaltlich und stilistisch dem zeitgemäßen journalistischen Mainstream angepasst hatten, übertraf der Kicker 1939 mit 100.000 Heften gegenüber nur 40.000 das Fußball-Magazin.

Seine pazifistische und grenzüberschreitende Sportidee, der Beitrag zur internationalen Verständigung durch Sportbegegnungen, war Bensemanns wichtigstes Leitbild. Als er es durch nationalistische Tendenzen gefährdet sah, schrieb er in der Ausgabe 16/1923 des Kicker: „Der Hass gegen Deutschland […] entspringt einer Antipathie gegen schulmeisterliche Belehrungen.“ Einen publizistischen Widerpart zu Bensemann bildete deshalb ab 1925 neben Linnemann vor allem Guido von Mengden, der Schriftleiter des westdeutschen Verbandsorgans Fußball und Leichtathletik (FuL), das einen deutschnationalen Kurs propagierte.

Bensemanns Kritik verschärfte sich, nachdem der DFB auf seiner Verbandstagung in Hannover 1925 beschlossen hatte, Begegnungen mit Profiteams aus der Tschechoslowakei, Ungarn und Österreich, die die damals stärksten Fußballmannschaften des Kontinents stellten, zu verbieten, um das Amateurideal hochzuhalten. Bensemann lehnte die Einführung des Profitums in Deutschland zwar ebenfalls ab, aber mehr aus pragmatischen Erwägungen denn aus ideologischen Gründen: Er befürchtete, dass die Vereine der Einführung des Profitums im Nachkriegsdeutschland wirtschaftlich nicht gewachsen wären. Den Verzicht auf die internationalen Begegnungen bezeichnete er dennoch als ungeheuerlich, taktlos und überheblich. Er selbst war während seiner Tätigkeit als Kicker-Herausgeber ständig um die Organisation internationaler Begegnungen und Initiativen bemüht. Er vermittelte englische Trainer zu deutschen Vereinen, organisierte internationale Fußballspiele auf Vereinsebene und stiftete einen „Friedenspokal“ für das erste Spiel zwischen einer deutschen Mannschaft und einer aus dem mittlerweile wieder zu Frankreich gehörenden Elsass.

Weiterführende Literatur

Bernd-M. Beyer: Walther Bensemann. Kosmopolit des Fußballs, Gründer des „Kicker“. Hentrich & Hentrich Verlag, Berlin Leipzig 2019

Bernd-M. Beyer: Der Mann, der den Fußball nach Deutschland brachte. Das Leben des Walther Bensemann. Ein biografischer Roman. Verlag Die Werkstatt, Göttingen 2003

Bernd-M. Beyer (Hrsg.): „Der König aller Sports“. Walther Bensemanns Fußball-Glossen. Verlag Die Werkstatt, Göttingen 2008

Heiner Gillmeister: The First European Soccer Match. In: The Sports Historian. The Journal of the British Society of Sports History, 17,2 (November 1997), S. 1–13. (online; PDF; 440 kB)

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