Dr. Otto Nerz

Otto Nerz (* 21. Oktober 1892 in Hechingen, Hohenzollernsche Lande; † 19. April 1949 im Speziallager Nr. 7 Sachsenhausen, Oranienburg) war ein deutscher Fußballspieler und erster Reichstrainer des Deutschen Fußball-Bundes.

Seine Fußball-Laufbahn begann bei der FG Hechingen, nach dem Umzug der Familie nach Mannheim spielte Nerz von 1910 bis 1919 beim VfR Mannheim. Neben seiner Tätigkeit als Lehrer trug er von 1919 bis 1924 die Farben von Tennis Borussia Berlin. Als aktiver Fußballspieler hatte Nerz, der in der Regel als Außenläufer spielte, keine besonderen Erfolge. Nach dem Ende seiner aktiven Zeit arbeitete er von 1924 bis 1926 dort als Trainer.

Die deutsche Fußballnationalmannschaft galt bis Mitte der 1920er-Jahre als drittklassig. Für das olympische Fußballturnier 1928 wollte der Deutsche Fußball-Bund (DFB) eine erfolgreiche Nationalmannschaft aufbauen, und auf Betreiben von DFB-Präsident Felix Linnemann wurde mit Otto Nerz am 1. Juli 1926 erstmals ein hauptamtlicher „Reichstrainer“ engagiert. Die Hoffnungen auf ein gutes Abschneiden bei Olympia 1928 erfüllten sich jedoch nicht: Deutschland schied bereits in der 2. Runde nach einem 1:4 gegen den späteren Olympiasieger Uruguay, die weltbeste Mannschaft jener Ära, aus.

Nerz hatte schnell die Schwächen der Nationalmannschaft erkannt und führte einige Neuerungen ein. So übernahm er von der englischen Mannschaft, die er mehrfach beobachtet hatte, das erfolgreiche sogenannte WM-System, lud die Spieler zu Lehrgängen ein und verordnete ihnen ein hartes Konditionstraining.

Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 orientierte sich Nerz politisch um. Er war seit 1919 SPD-Mitglied gewesen und trat nun in die SA und 1937 in die NSDAP ein. Obwohl er sich als „innerlich politisch desinteressiert“ bezeichnete, offenbarte er nach seiner Tätigkeit als Reichstrainer als Kolumnist einer Berliner Zeitung seine in das System passende antisemitische Haltung in judenfeindlichen Artikeln, wie etwa Europas Sport frei vom Judentum aus dem Jahr 1943.

Auch in sportlicher Hinsicht konnte sich Nerz mit den Nationalsozialisten arrangieren, da diese die Fußballnationalmannschaft gern als Propagandainstrument nutzen wollten. Er unterstand nun dem Fachamt Fußball, das mit fußballerischen die Überlegenheit der deutschen Rasse zu demonstrieren dachte. Diese Hoffnung konnte sich auch unter Nerz nicht erfüllen. Unter den Augen des an sich am Fußball nicht interessierten Adolf Hitler schied Deutschland aus dem Olympischen Turnier aus. Die Niederlage wurde zum Politikum, Nerz wurde vom Fachamt zwangsbeurlaubt, und sein Assistent Sepp Herberger übernahm die Aufgaben des Reichstrainers.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde Nerz im Juli 1945 von der Roten Armee verhaftet und in das Speziallager Nr. 3 Berlin-Hohenschönhausen verbracht. Von dort aus wurde er am 16. Oktober 1946 ins Speziallager Nr. 7 nach Sachsenhausen weitertransportiert, wo er am 19. April 1949 an einer Meningitis starb.

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