Konrad Koch

Wilhelm Carl Johann Konrad Koch (* 13. Februar 1846 in Braunschweig; † 13. April 1911 ebenda) war ein deutscher Lehrer, der die Schulspiele in Deutschland begründete und 1874 das Fußballspiel in Deutschland einführte.

Nachdem sich August Hermann als Turnlehrer am Braunschweiger Martino-Katharineum einen „echten Fußball“ aus England hatte kommen lassen, initiierte er gemeinsam mit Koch das erste Fußballspiel auf deutschem Boden: Im Herbst 1874 trugen Schüler des Martino-Katharineum das Spiel auf dem so genannten „Kleinen Exerzierplatz“ an der Rebenstraße (heute Rebenring) unter der Leitung von Koch und Hermann aus. Damit glaubten sie, ein Mittel gegen das „Stubenhockerthum“ sowie die Kneipentouren ihrer Oberschüler gefunden zu haben. August Hermann hatte einen Rugbyball aus Großbritannien besorgt, der zunächst ohne jede Erklärung einfach zwischen die Schüler geworfen wurde. Dieses Experiment gilt als die Geburtsstunde des Fußballs in Deutschland.

„Es wurden einfach ein guter Fußball aus England auf den Platz geworfen, einige der wichtigsten Regeln angegeben und bald spielten die deutschen Knaben das englische Spiel, wenn auch anfangs noch nicht mit allen Feinheiten, doch eifrig und geschickt und zu ihrem größten Vergnügen.“

1875 legte Koch das erste Fußball-Regelwerk für das in Deutschland neue Spiel vor und gründete im selben Jahr am Martino-Katharineum den ersten deutschen Fußballverein, der aber, im Gegensatz zu dem oben erwähnten Lüneburger Verein, Rugby spielte. Erst die zweite, erweiterte Auflage von 1885 enthielt auch die Regeln für Assoziationsfußball.

„Auf dem Platz darf niemand sich hinlegen oder müßig stehen. Kein Schüler darf ohne besondere Erlaubnis den Rock ablegen; diese Erlaubnis wird nur denen erteilt, die ein wollenes Hemd tragen.“

Kochs Ziel war es, bei der Einführung des Fußballs im Schulsport den Schülern, neben der Körperertüchtigung, ethische Werte wie Disziplin und Teamgeist zu vermitteln. Dafür wurde das Regelwerk entwickelt, in dem zum Beispiel das Treten vor das Schienbein verboten wurde. „Fast alle Gesundheitsregeln aus Kochs Regelwerk wurden im gesamten deutschsprachigen Raum übernommen“, berichtet der Braunschweiger Heimatforscher Kurt Hoffmeister. Als Schiedsrichter fungierten in dieser frühen Phase der Spielentwicklung noch die Mannschaftsführer selbst, die „Fußballkaiser“ genannt wurden. Im ersten Regelwerk durfte der Ball auch noch von den Spielern in die Hand genommen und getragen werden. „Fußball ohne Ball aufnehmen“, also das Spiel ausschließlich mit dem Fuß, wurde zunächst als Schlechtwettervariante eingeführt, 1882 aber als verbindliche Spielform festgeschrieben.

Das Fußballspiel blieb zunächst den Jungen vorbehalten. Auf der Suche nach einem geeigneten Spiel für Mädchen führte August Hermann 1896 das vom Basketball abgeleitete Spiel Korbball ein. Die Einführung dieses Spiels zeigt, worum es der sogenannten Spielbewegung, deren führender Kopf Koch in diesen Jahren war, grundsätzlich ging: Ziel war nicht die Etablierung einzelner neuer Spiele, sondern eine allgemeine Reform des Schulunterrichts durch die Einbeziehung neuer und pädagogisch wertvoller Spiele.

Zur parallel entstehenden Sportbewegung standen Koch und seine Mitstreiter im Gegensatz, da bei ihnen immer das pädagogische Ziel angestrebt wurde. Kochs Verhältnis zum Wettkampfcharakter des Fußballspiels war zwar anerkennend im Punkt der motivierenden Wirkung von „Wettspielen“; einen rein an Sieg und Leistung orientierten Spielverlauf, bei dem nicht eine umfassende körperliche Entwicklung der Schwerpunkt wäre, lehnte er aber ab. Der Fußballpionier wollte das Spiel in seiner englischen Art deshalb nicht ohne Änderungen ins Regelwerk übernehmen. Er selbst betrachtete das Fußballspiel nicht nur aus akademischem Blickwinkel, sondern beteiligte sich auch aktiv auf dem Spielfeld.

Exerzierplatz
Der erste Fußballplatz: Im Herbst 1874 fand hier, auf dem "kleinen Exerzierplatz" in Braunschweig, dass erste Fußballspiel statt.
Konrad Koch
Konrad Koch
Unterricht
Konrad Koch verbindet seinen Sprachunterricht mit der Fußball-Lehre (Filmszene aus Der ganz große Traum)

Verfilmung

Der ganz große Traum

Schriften (Auswahl)

Fußball. Regeln des Fußball-Vereins der mittleren Klassen des Martino-Katharineums zu Braunschweig. Braunschweig 1875

Der erziehliche Werth der Schulspiele. Braunschweig 1878

Die Geschichte des Fußballs im Altertum und in der Neuzeit. Berlin 1894

Die Erziehung zum Mute durch Turnen, Spiel und Sport. Die geistige Seite der Leibesübungen. R. Gaertners Verlagsbuchhandlung, Berlin, 1900, 224 S.

Literatur

Kurt Ulrich Bertrams, »O wonnevolles Fußballspiel« Der akademische Hintergrund einer volkstümlichen Sportart, In: Studentenkurier 3/1998, S. 13–15.

Christian Gödecke: Fußballanfänge in Deutschland / Der Mann, der die „englische Krankheit“ einschleppte, mit Scans aus dem Archiv Kurt Hoffmeister

Kurt Hoffmeister: Fußball – Der Siegeszug begann in Braunschweig, Braunschweig 2004.

Kurt Hoffmeister: Der Wegbereiter des Fußballspiels in Deutschland. Prof. Dr. Konrad Koch 1846–1911. Eine Biografie, Norderstedt 2011

Rainer Moritz: Der ganz große Traum ... oder wie der Lehrer Konrad Koch den Fußball nach Deutschland brachte. Rowohlt-Taschenbuch-Verlag, Reinbek 2011,

Konrad Koch: Als der Fußball nach Deutschland kam: Die Ur- und Frühgeschichte des deutschen Fußballs.

projekt partner
gefördert von